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Beim Thema „Lüften“ winken die meisten gelangweilt ab. Jeder kennt doch mittlerweile die Stichworte „Stoßlüften“ und „Querlüften“. Auch die Notwendigkeit des regelmäßigen Lüftens ist doch jedem bekannt. Aber in Zeiten von Homeoffice und Lockdown sollte diesem Thema neue Aufmerksamkeit gewidmet werden, da dem längeren Aufenthalt in den eigenen vier Wänden Rechnung getragen und das Wohn- und Lüftungsverhalten dieser neuen Situation angepasst werden sollte. Aber zunächst noch einmal zu den Grundlagen:

Das Lüften ist aus mehreren Gründen notwendig. Wie der Name schon sagt, soll die Luft ausgetauscht, d. h. der CO2-Gehalt gesenkt und der Sauerstoffgehalt erhöht werden. Außerdem sollen unangenehme Gerüche entfernt werden. Der Luftwechsel kann Müdigkeit reduzieren, die Konzentrationsfähigkeit erhöhen und das Wohlbefinden steigern. Wichtiger ist allerdings die Reduzierung der Feuchtigkeit, die in der Luft gebunden ist, um das Wohnklima zu verbessern. Man sollte daher zusätzlich das Wort „Entfeuchten“ benutzen, um die Wichtigkeit zu verdeutlichen.

Die uns umgebende Luft kann je nach Temperatur nur eine gewisse Menge Wasser aufnehmen. Je wärmer die Luft ist, desto mehr Wasser kann sie gasförmig binden. Bei Abkühlung der Luft wird dieses Wasser als Kondensat wieder abgegeben. Ein Kubikmeter Luft mit einer Temperatur von 20 °C kann z. B. maximal 17,3 g Wasser gasförmig aufnehmen. Das entspricht dann einer sogenannten relativen Luftfeuchtigkeit von 100 %. Wenn die Luft nun um 10 °C abgekühlt wird, kann sie nur noch maximal 9,4 g Wasser aufnehmen. Es verbleiben insofern 7,9 g Wasser, die nicht mehr gebunden werden und als kondensiertes Wasser verbleiben.

Die Abkühlung der Luft erfolgt im Wohnraum häufig allein dadurch, dass sie auf kalte Oberflächen wie z. B. ungedämmte Außenwände oder kalte Fensterscheiben trifft. Der Ausfall von Feuchtigkeit an diesen Oberflächen ist dann abhängig von der relativen Luftfeuchtigkeit, der Raumtemperatur und der Temperatur der Oberflächen. Es sollte in der Luft insofern nur so viel Wasser gebunden sein, dass selbst bei einer gewissen Abkühlung kein Kondenswasser ausfallen kann. Die Luftfeuchtigkeit sollte daher dauerhaft auf eine bestimmte Größe begrenzt werden.

Hierzu noch ein weiteres Beispiel, das die Problematik verdeutlicht:
Liegt die Raumtemperatur bei 20 °C und die relative Luftfeuchtigkeit bei 60 %, so fällt bereits Kondenswasser aus, wenn die Raumlufttemperatur auf unter 12 °C absinkt. Man nennt diesen Übergangspunkt den Taupunkt. Dieser ist allerdings kein fester Wert, sondern stets abhängig von der Raumlufttemperatur, der relativen Luftfeuchtigkeit und der Oberflächentemperatur.

Das augenscheinlichste Anzeichen, dass über einen längeren Zeitraum überschüssiges Wasser im Wohnraum anfällt, ist Schimmelbildung an kalten Oberflächen. Häufig wird vermutet, dass Feuchtigkeit von außen ins Gebäude eindringt, wie z. B. über eine undichte Fassade oder ein undichtes Dach. Das ist aber in der Regel nicht der Fall. Das Wachstum von Schimmelpilzen ist bei Temperaturen zwischen - 7 °C und + 55 °C möglich, sodass im normalen Wohnumfeld das Wachstum vieler Arten problemlos erfolgt. Verschiedene Schimmelpilze haben ihre Lebensbedingung an den menschlichen Wohnraum angepasst. Als Nahrungsgrundlage reichen ihm der in einem sauberen Haushalt vorkommende Hausstaub bzw. Tapeten oder andere organische Untergründe. Begünstigt wird die Schimmelbildung, wenn große Möbelstücke an den kühlen Außenwänden aufgestellt oder Bilder aufgehängt werden, da hierdurch die Luftzirkulation unterbunden wird.

Infolge der Pandemie tritt ein weiterer Aspekt in den Fokus. Die Feuchtigkeit in der Raumluft hängt nämlich auch davon ab, wie lange und mit wie vielen Personen man sich pro Tag in der Wohnung aufhält. So gibt es im Wohnbereich diverse Feuchtequellen, durch die unterschiedliche Mengen Feuchtigkeit entstehen. Ein Mensch verursacht z. B. durchschnittlich 1 - 1,5 l Wasser allein durch Atmen und Schwitzen. Beim Kochen, Duschen, Wäschetrocknen entstehen ähnliche Mengen. Auch durch Zimmerpflanzen wird Feuchtigkeit in den Wohnbereich eingetragen. So verursacht ein Dreipersonenhaushalt durchschnittlich etwa 6 - 12 l Wasser pro Tag, und das, obwohl sich in der Regel die Bewohner häufig nur die Hälfte des Tages zu Hause aufhalten. Wenn nun die Erwachsenen häufiger im Homeoffice arbeiten oder sich im Lockdown befinden, die Kinder zu Hause Unterricht erhalten, erhöht sich die Menge natürlich enorm. Man kann sich leicht ausrechnen, dass mitunter die doppelte Menge an Feuchtigkeit pro Tag anfallen kann. Die nach wie vor angewandte ganztägige Kipplüftung stößt dabei schnell an ihre Grenzen. Auf Kipplüftung sollte daher möglichst verzichtet werden, da diese speziell bei Gebäuden mit schlechter Wärmedämmung an flankierenden Bauteilen zu übermäßiger Auskühlung und erhöhter Gefahr von Schimmelpilzbildung führen. Außerdem ist der Luftaustausch zu gering bzw. dauert zu lange. Es ist also eine Lüftung durchzuführen, die einen schnellen Luft- und Feuchteaustausch gewährleistet und den Wärmeverlust hierbei minimiert, denn die Wände speichern natürlich einen großen Teil der Wärme. Die Auskühlung erfordert dann wieder eine größere Heizleistung.

Die Stoß- und Querlüftung bedeutet im Gegensatz zur Kipplüftung einen schnellen und effizienten Luft- und Feuchteaustausch. Sie spart außerdem Heizkosten, was gerade bei den aktuell stark steigenden Energiekosten ein wichtiger Aspekt ist. Während man im ungünstigsten Fall beim Kipplüften bis zu 60 Minuten für einen Luftwechsel benötigt, gelingt das bei richtiger Stoß- und Querlüftung mit 2 offenen gegenüberliegenden Fenstern schon in 1 - 5 Minuten. Ein Luftwechsel gelingt auch schneller, je größer die Differenz von Innen- und Außentemperatur ist. So kann im Winter deutlich schneller ein Luftwechsel erreicht werden als im Sommer. Während eine zweimalige Lüftung pro Tag genügen kann, wenn man tagsüber außer Haus ist, sollte in Zeiten des Homeoffice mindestens drei- bis viermal täglich gelüftet werden, um ein angenehmes Wohnklima zu erhalten und die Gefahr von Schimmelbildung zu vermeiden. Um besser einschätzen zu können, wie oft gelüftet werden muss, kann ein Messgerät hilfreich sein, welches die Temperatur und die relative Luftfeuchtigkeit misst und daraus den jeweiligen Taupunkt errechnet, also diejenige Temperatur, bei der Kondenswasser ausfallen würde, wenn sich die Raumluft abkühlt. Die Nutzung solcher Messgeräte, die relativ günstig im Fachhandel erhältlich sind, hilft dabei, die Häufigkeit und den richtigen Zeitpunkt für das Lüften zu erkennen und einschätzen zu lernen. Als grober Richtwert sollte die relative Luftfeuchtigkeit stets unter 60 % im Wohnraum liegen. Bei schlecht gedämmten Außenwänden oder baukonstruktiven Besonderheiten können auch Werte zwischen 40%-50% notwendig werden, ab denen gelüftet werden sollte.

Beim Lüften von Kellerräumen ist besonders auf den richtigen Zeitpunkt des Lüftens zu achten. Hier sollte z. B. an schwülwarmen Sommertagen möglichst nur in den Morgen- und Abendstunden eine Stoßlüftung erfolgen, um keine warme, feuchte Luft in den kalten Keller zu leiten. Es kann hier ansonsten zu starkem Kondenswasserausfall an Wänden und Gegenständen kommen, der sich auch in deutlicher Tröpfchenbildung abzeichnen kann. Bei der Kellerlüftung sollte daher möglichst nur dann gelüftet werden, wenn es draußen kälter ist als drinnen.

Das wichtigste und einfachste Mittel, um Schimmelbildung zu vermeiden und das Wohnklima zu verbessern, ist also das regelmäßige und richtige Stoß- und Querlüften. Die Häufigkeit und der richtige Zeitpunkt sind hierbei abhängig von der jeweiligen Raumnutzung. Ein abschließender Hinweis noch zum Schlafzimmer. Da die meisten Menschen gerne kühl schlafen, liegt die Temperatur hier meistens ganztägig niedrig, der Anfall von Feuchtigkeit ist allerdings während des Schlafens vergleichsweise hoch. Um Schimmelbildung zu vermeiden, muss hier besonders intensiv gelüftet werden. Darüber hinaus sollte keine warme Luft aus dem übrigen Wohnbereich ins Schlafzimmer abgeleitet werden, da aufgrund der Temperaturdifferenz Kondenswasser fast zwangsläufig entsteht.
Es kann außerdem hilfreich sein, zumindest zeitweise das Schlafzimmer etwas zu heizen, um die Auskühlung der Wand- und Deckenflächen zu vermeiden, oder zumindest zu verringern.

Dipl.-Ing. Torsten Malz

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