Die Region westlich von Köln ist bekannt als das „Rheinische Braunkohlenrevier“ mit seinen noch in Betrieb befindlichen Tagebaue Garzweiler I und II, Hambach und Inden II. Der VBHG unterhält seit 1984 in Jülich eine eigene Geschäftsstelle zur Betreuung seiner Mitglieder und anderer bergbaubetroffenen Bürger im dortigen Regionalbereich. Die Verursachungsabläufe, die zu Bergschäden führen, unterscheiden sich maßgeblich von denen im Bereich untertägigen Bergbaus.

Zur Trockenhaltung der mehrere hundert Meter tiefen Braunkohletagebaue werden seit Mitte der 1950er Jahre sämtliche grundwasserführenden Bodenschichten weiträumig durch Tiefbrunnen entwässert. Die Tiefbrunnen sind oft, wie die Tagebaue selber, mehrere hundert Meter tief. Die erforderliche Grundwasserabsenkung nimmt mit zunehmender Entfernung zu den Tagebaurändern ab.

Tiefe Grundwasserabsenkung
Durch die tiefe Grundwasserabsenkung verdichten sich die tieferen grundwasserführenden Bodenschichten infolge des fehlenden Auftriebs. Die Folge sind großflächige, flach verlaufende muldenförmige Geländesenkungen in dem weiten Umfeld eines Tagebaues. Diese Geländesenkungen bilden sich in der Regel in der Fläche stetig aus (Senkungsmulde). Vielfach kommt es auch zu einer geringfügigen Schiefstellung der Geländeoberfläche (Schollenschiefstellung).

Wenn jedoch eine gleichmäßige Entwässerung der tieferen grundwasserführenden Bodenschichten durch eine geologische natürliche Störung behindert wird, kann sich in ihrem Verlauf an der Geländeoberfläche ein linienhafter, eng begrenzter stufenartiger Senkungsunterschied ausbilden (Unstetigkeit). An einer solchen Störung sind die grundwasserführenden Bodenschichten wegen natürlicher tektonischer Bewegungen oft erheblich vertikal gegeneinander versetzt. Der Einwirkungsbereich einer bewegungsaktiven Störung ist meist nur einige Meter breit. Außerhalb dieses Einwirkungsbereichs sind kaum schadensrelevante Senkungen zu erwarten. Die Senkungsentwicklung wird hierbei maßgeblich durch die jährliche Bewegungsrate und den zeitlichen Verlauf der Bewegungsaktivität geprägt (Bewegungen halten an oder klingen ab). Diese bergbaubedingte unstetigen Senkungen sind vielfach bergschadensrelevant.

Oberflächennahe Grundwasserabsenkung
Durch die oberflächennahe Grundwasserabsenkung, insbesondere in Flussniederungen (Auebereiche), können entwässerte Bodenschichten, die organische Anteile enthalten, mit Sauerstoff aus der Luft in Kontakt kommen. Durch chemische Prozesse kann sich dabei ihr Volumen verringern (Torfverzehr, Aueproblematik). Die Folge können lokal begrenzte deutliche Senkungen der Geländeoberfläche sein. Diese Bodenschichten mit organischen Anteilen sind im Rheinland meist nur bis zu einer Tiefe von wenigen Metern vorhanden. Unterhalb dieser Bodenschichten sind in der Regel tragfähige Kies-/Sandböden vorhanden. Außerhalb der Bereiche mit vorgenannten Bodenschichten sind kaum Senkungen zu erwarten. Die Senkungsentwicklung wird hierbei maßgeblich durch die Mächtigkeit der Bodenschichten und ihrem organischen Bodenanteil geprägt. Diese bergbaubedingten ungleichmäßigen Senkungen können ebenfalls bergschadensrelevant sein.

Schadensbilder
Gebäude oder Infrastruktur (z.B. Verkehrsflächen, erdverlegte Leitungen) im unmittelbaren Einwirkungsbereich einer bewegungsaktiven Störungszone oder in Bereichen entwässerter Bodenschichten mit ggf. schadensrelevanten organischen Bodenanteilen, können durch Senkungsunterschiede geschädigt werden. Es können an Gebäuden Risse oder Schieflagen entstehen und Funktionsstörungen eintreten. An Verkehrsflächen (z.B. Terrassen, Wege) kann es zu Unebenheiten sowie Absenkungen kommen, die sich im Laufe der Zeit oft kontinuierlich verstärken können.

Messbeobachtungen
Zur Dokumentation von großflächigen Senkungen der Geländeoberfläche bzw. der lokalen Absenkung von Gebäuden werden durch die zuständige Bergwerksgesellschaft turnusmäßig in mehrjährigen Abständen sog. Ortslagenmessungen oder bei Bedarf objektbezogene Wiederholungsmessungen durchgeführt. Hierbei werden die Höhenveränderungen der Messpunkte an den Gebäuden bzw. an festen Messpunkten untereinander ermittelt. Daraus lassen sich dann die unterschiedlichen Gelände- bzw. Gebäudebewegungen innerhalb eines Zeitraumes ableiten (Senkungsmulde, Schollenschiefstellung, Unstetigkeit, schadensrelevante Senkungsunterschiede, Gebäudeschiefstellung).

Resümee
Im Rheinland können Schäden an Gebäuden oder an Infrastruktur vollständig oder teilweise bergbaubedingt sein, wenn eine Absenkung der Geländeoberfläche vorliegt und die Ursachen entweder auf bewegungsaktive Unstetigkeiten oder auf entwässerte Bodenschichten mit schadensrelevanten organischen Anteilen im Einflussbereich einer Gründung zurückzuführen sind. Es können jedoch auch baukonstruktive Schadensursachen vorliegen, wie sie auch außerhalb von Bergbaugebieten vorkommen (z.B. baukonstruktive Bewegungen, (vermeidbare) Gründungsmängel). In der Regulierungspraxis ist daher immer eine Beurteilung der Schadensursachen erforderlich. Hierfür werden anlassbezogen ggf. weitere Untersuchungen bzw. Auswertungen durchgeführt (Baugrund- und Fundamentuntersuchungen, Messbeobachtungen).

In den Städten und Gemeinden, die der Gesamtmitgliedschaft braunkohlebetroffener Gebietskörperschaften des Rheinlandes angehören, können Eigentümer, die eine bergbauliche Ursache für Schäden an ihrem (Wohn-) Grundstück vermuten, über ihre Kommune kostenfrei eine Einschätzung der Schadensursachen durch den VBHG erhalten (Technische Vorprüfung). Diese umfasst eine Ortsbesichtigung durch einen VBHG-Sachverständigen und eine schriftliche Stellungnahme mit einer (Erst-) Einschätzung, inwieweit die Schäden auf bergbauliche bzw. baukonstruktive Ursachen zurückzuführen sind einschließlich einer Empfehlung zur weiteren Vorgehensweise.

Dipl.-Ing. Frank Vetterkind
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