• Nachrichten

  • 1

Das zunehmende Bewusstsein für Inklusion, Chancengleichheit und Teilhabe rückt das Thema „Barrierefreiheit“ immer stärker in den Fokus des öffentlichen Bewusstseins. Es geht darum, Wohn- und Lebensraum zu schaffen, der für Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Bedürfnissen zugänglich und nutzbar ist. Barrierefreiheit bedeutet dabei weit mehr als nur das Beseitigen physischer Hindernisse wie Treppenstufen.

Es geht um die Schaffung einer Umgebung, die es Menschen mit Einschränkungen, älteren Menschen oder Personen mit Mobilitätsproblemen ermöglicht, ihr Leben selbstbestimmt und unabhängig zu führen. Zunächst einige Beispiele für barrierefreie Maßnahmen im Allgemeinen:

1. In Architektur und Bauwesen:
Bauliche Anpassungen wie Rampen, Aufzüge und breite Türen sowie barrierefreie Bäder, Toiletten und Küchen, um Menschen mit Mobilitätseinschränkungen den Zugang zu Gebäuden und die Nutzung von Wohnraum zu ermöglichen und zu erleichtern.

2. In Verkehr und Transport:
Bereitstellung von barrierefreien Verkehrsmitteln wie rollstuhlgerechte Busse und Züge, barrierefreie Haltestellen und taktile Leitsysteme für blinde oder sehbehinderte Menschen.

3. In der Informationstechnologie:
Gestaltung von Webseiten, Software und elektronischen Geräten, die von Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten genutzt werden können. Dies kann den Einsatz von Bildschirmleseprogrammen, Untertiteln, vergrößerter Schrift oder Sprachsteuerungstechnologien umfassen.

4. In der Kommunikation:
Bereitstellung von Informationen in verschiedenen Formaten wie Braille-Schrift, leichter Sprache oder Gebärdensprache um sicherzustellen, dass Menschen mit unterschiedlichen Kommunikationsbedürfnissen sie verstehen können.

5. Bei öffentlichen Dienstleistungen:
Gewährleistung, dass öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser, Bibliotheken und sonstige öffentliche Gebäude für alle zugänglich sind und angemessene Unterstützung für Menschen mit Behinderung bereitstellen.
2023 07 31 Bodenleitpflaster600x800Barrierefreiheit ist somit ein wichtiges gesellschaftliches Konzept, das darauf abzielt, die Inklusion, Gleichberechtigung und Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu fördern und sicherzustellen, dass sie die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben, wie alle anderen auch.

Im Folgenden soll das Hauptaugenmerk allerdings darauf gerichtet werden, welche Möglichkeiten und Probleme in Bestandsgebäuden bestehen, eine nachträgliche Barrierefreiheit zu erreichen, damit vor allem ältere Menschen ihre Immobilie möglichst lange nutzen können. Während im Neubaubereich die Herstellung einer barrierefreien Umgebung bereits in der Planung berücksichtigt wird, stößt man im Altbau häufig an bauliche Grenzen, die es meist nur zulassen, eine barrierearme Umgebung herzustellen. Folgende Probleme sind hierbei zu betrachten:

1. Bauliche Gegebenheiten:
Bestandsgebäude können unterschiedliche architektonische Merkmale aufweisen, die den Umbau zur Barrierefreiheit erschweren. Enge Treppenhäuser, schmale Türen, unebene Böden oder fehlende Aufzüge sind typische Beispiele. Diese strukturellen Einschränkungen erfordern oft umfangreiche bauliche Veränderungen, um Barrieren zu beseitigen.

2. Platzbeschränkung auf dem Grundstück:
Bestehende Gebäude können begrenzten Platz bieten, was die Umsetzung barrierefreier Elemente erschweren kann. Der Einbau von Rampen, Aufzügen, breiten Gehwegen und Parkplätzen kann aufgrund begrenzter Raumressourcen herausfordernd sein. Kreative Lösungen und eine sorgfältige Raumplanung sind erforderlich, um die bestmögliche Barrierefreiheit auch außerhalb des Gebäudes zu erreichen.

3. Kosten und Umsetzung:
Der Umbau eines Bestandsgebäudes zur Herstellung von Barrierefreiheit kann mit erheblichen Kosten verbunden sein. Die Anpassung von Treppen, Türen, Sanitäranlagen, der Einbau von Rampen und Aufzügen erfordern umfangreiche bauliche Arbeiten und zusätzliche Investitionen. Förderprogramme oder Zuschüsse können ggf. in Anspruch genommen werden, um die finanzielle Belastung zu mildern.
2023 07 31 Treppe ohne Rampe800x6004. Bergbaubedingte Schieflage:
Bei größeren Gebäudeschieflagen kann die Umsetzung baulicher Maßnahmen alleine daran scheitern, dass ebene Böden aufgrund vorgegebener Zwangspunkte nicht erstellt werden können. Auch erschweren auf- oder zufallende Türen die Umsetzung.

5. Denkmalschutz oder sonstige Bauvorschriften:
Wenn das Bestandsgebäude unter Denkmalschutz steht, ist das Denkmalschutzgesetz (Stand 13.04.2023) zu beachten. Die Planung der Umbaumaßnahmen erfordert die Einbindung der Unteren Denkmalbehörde. Es kann erforderlich sein, alternative Lösungen zu finden, um die Barrierefreiheit zu verbessern, ohne die ursprüngliche Architektur oder denkmalgeschützte Elemente zu beeinträchtigen.
2023 07 31 Rampe600x800Trotz dieser Herausforderungen ist es möglich, Barrierefreiheit in Bestandsgebäuden herzustellen. Eine gründliche Planung, Expertenwissen und ein umfassendes Verständnis der spezifischen Herausforderungen sind entscheidend, um individuelle Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen der Nutzer gerecht werden und gleichzeitig die baulichen Gegebenheiten berücksichtigen.

Aber trotz vorgenannter Probleme gibt es viele einfache und kostengünstige Möglichkeiten, die Nutzbarkeit der eigenen Immobilie zu gewährleisten, auch wenn bauliche Beschränkungen vollkommene Barrierefreiheit verhindern.

Eine einfache Maßnahme ist das Entfernen von Türschwellen, um einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen. Dadurch wird das Stolpern oder das Hindernis für Rollstühle oder Rollatoren beseitigt. Das Anbringen von Handläufen an Treppen und Fluren kann die Sicherheit und Mobilität von Personen mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit verbessern. Handläufe sollten fest und gut greifbar sein. Das Hervorheben von Treppenstufen, Stufenkanten oder Türkanten mit kontrastreichen Farben oder Markierungen kann Menschen mit Sehbeeinträchtigungen dabei helfen, Hindernisse besser wahrzunehmen und zu erkennen. Das Anbringen von kontrastreichen Bodenmarkierungen z. B. an Treppenabsätzen oder Gehwegkanten kann dabei helfen, Hindernisse und Unebenheiten besser wahrzunehmen. Eine ausreichende Beleuchtung ist wichtig, um potenzielle Stolperfallen zu erkennen und eine gute Sichtbarkeit zu gewährleisten. Helleres Licht kann dabei helfen, Barrieren zu erkennen und zu umgehen. Allein beim Umbau des Badezimmers gibt es mehrere wichtige Maßnahmen, die die Nutzung deutlich vereinfachen, so die Erstellung einer bodengleichen Dusche.

Es gibt mehrere DIN-Normen und -Vorschriften, die sich mit dem Thema „Barrierefreiheit“ befassen. Hier sind einige der wichtigsten Normen und Vorschriften in Deutschland:

1. Die DIN 18040 besteht aus drei Teilen und behandelt barrierefreies Bauen sowie Planungsgrundlagen. Sie enthält umfassende Anforderungen und Empfehlungen für die Gestaltung von barrierefreien Gebäuden, Räumen und Außenanlagen.

2. Die DIN 32984 behandelt die barrierefreie Nutzung öffentlicher Verkehrs- und Freiflächen. Sie legt Anforderungen an barrierefreie Gehwege, Straßenquerungen, Haltestellen und Parkplätze fest.

3. Die DIN 18024 besteht ebenfalls aus drei Teilen und behandelt barrierefreie Wohnungen. Sie enthält Anforderungen und Empfehlungen für die barrierefreie Gestaltung von Wohnungen einschließlich Zugänglichkeit, Raumgestaltung und technische Ausstattung.

4. Die DIN 32975 behandelt barrierefreies Bauen, notwendige und zweckmäßige Maße zur Gestaltung barrierefreier Wohnungen und Haushaltsgegenstände. Sie legt Maße und Anforderungen für die Gestaltung von Wohnungen und Haushaltsgegenständen fest, um die Zugänglichkeit und Nutzung für Menschen mit Behinderung zu erleichtern.

5. Landesbauordnungen: Die Landesbauordnungen in den verschiedenen Bundesländern enthalten ebenfalls Bestimmungen zu Barrierefreiheit im Bauwesen. Sie legen beispielsweise Anforderungen an den Zugang zu Gebäuden, Fluchtwegen, Aufzügen und Sanitäranlagen fest.

Es ist wichtig zu beachten, dass sich die genauen Normen und Vorschriften je nach Bundesland und Anwendungsbereich unterscheiden können. Die Herstellung von Barrierefreiheit im Altbau ist insofern eine anspruchsvolle, aber lohnende Aufgabe, weil bereits durch geringe Anpassungen ein dauerhaftes Verbleiben in den eigenen vier Wänden ermöglicht werden kann. Eine Überprüfung der aktuellen Situation sowie die Planung und Umsetzung etwaiger Maßnahmen sollte man allerdings Fachleuten überlassen.

Dipl.-Ing. Thorsten Malz
Vollständigen Artikel zum Download

Wichtiger Hinweis an unsere Mitglieder

Zur Verbesserung der Zugriffs- und Bearbeitungszeiten pflegen wir den Schriftverkehr in ein EDV-gesteuertes Dokumenten-Management-System ein. Bitte helfen Sie uns, indem Sie auf Ihren Schreiben an uns konsequent die sog. Objekt-Nr. aufnehmen. Sie finden sie regelmäßig in den Betreffangaben unserer Schreiben an Sie. Vielen Dank!

SCHREIBEN SIE UNS!

Powered by BreezingForms