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Mit Geltung ab dem 12.08.2016 werden die Regelungen der Bergschadenshaftung auf Bohrlochbergbau und Kavernen (Untergrundspeicher) ausgedehnt. Der Gesetzgeber hat somit Klarheit geschaffen, denn bisher ist in der Fachliteratur unterschiedlich beurteilt worden, ob die Vorschriften über die Haftung von Bergschäden auf den Bohrlochbergbau und auf Untergrundspeicher angewandt werden können.

Bohrlochbergbau wird schwerpunktmäßig betrieben bei der Erdöl- und Erdgasförderung, bei der Gewinnung von Sole, bei der Speicherung z. B. von Gasen im Untergrund sowie bei der Nutzung der Erdwärme. Für Kavernen bzw. Untergrundspeicher gilt das Gesetz nur dann, wenn diese künstlich geschaffen worden sind.

Ziel der Gesetzesänderung war es außerdem, die von den Senkungen des Bohrlochbergbaus und des Kavernenbetriebes betroffenen Eigentümer mit denen gleichzustellen, die vom untertägigen Bergbau betroffen sind. Sie fallen mit dieser Gesetzesänderung in den Anwendungsbereich der sogenannten Bergschadensvermutung nach § 120 BBergG.

Die im § 120 BBergG enthaltene Liste möglicher Ursachen von Bergschäden wird zwar um die Begriffe „Hebungen“ und „Erschütterungen“ ergänzt, der Gesetzgeber hat aber nicht die Anwendung der Bergschadensvermutung auf die Auswirkungen von Tagebaubetrieben erweitert. Die Bergschadensvermutung ist nach wie vor ebenfalls nicht anwendbar in Gebieten mit untertägigem Abbau, in denen die Senkungen der Tagesoberfläche geringer sind als 10 cm. Sowohl der Ausschluss des Bereiches geringer Senkungen bei untertägigem Bergbau als auch der Ausschluss des Senkungsbereiches von Tagebaubetrieben zeigt, dass eine Abkehr von ehernen Beweisgrundsätzen nur dort wirklich möglich ist, wo typische Geschehensabläufe die Kausalitäten quasi offenlegen. Eine schwierige Beweisführung alleine ist also nach wie vor für den Gesetzgeber nicht ausreichend für die Einführung einer Beweiserleichterung wie der Bergschadensvermutung.

Für die Haftungserweiterung war es zwingend erforderlich, auch die Bergverordnung über Einwirkungsbereiche (EinwirkungsBergV) um Festlegungen für die Bestimmung der Einwirkungsbereiche beim Bohrlochbergbau sowie bei der Schaffung unterirdischer Hohlräume als Untergrundspeicher bzw. Kavernen zu erweitern. Mit der neuen Regelung wird außerdem ausdrücklich klargestellt, dass der für die Bergschadensvermutung definierte Einwirkungsbereich identisch ist mit dem durch die EinwirkungsBergV geregelten Einwirkungsbereich.

An der räumlichen Ausdehnung des Einwirkungsbereiches im Sinne dieser Verordnung hat der Gesetzgeber keine Änderungen vorgenommen. In der Praxis wird der Einwirkungsbereich nach wie vor auf der Basis von Einwirkungswinkeln festgelegt. Für die einzelnen Einwirkungsfälle sind die anzuwendenden Einwirkungswinkel in der Anlage zur EinwirkungsBergV aufgelistet. Im Bereich des Steinkohlenbergbaus von Nordrhein-Westfalen beträgt der Einwirkungswinkel nach wie vor 70 gon, soweit es sich um Flöze in flacher Lagerung handelt (70 gon = 63°).

Die Einwirkungswinkel sollen an der Tagesoberfläche einen Bereich eingrenzen, der Bodensenkungen von 10 cm und mehr erfasst. Außerhalb dieses Bereiches, also bei Bodensenkungen als Folge untertägigen Bergbaus von weniger als 10 cm gilt die gesetzliche Regelung zur Bergschadensvermutung (§ 120 BBergG) nicht.

In der Neufassung der EinwirkungsBergV werden zwei verschiedene Einwirkungsbereiche definiert. In § 2  Abs. 1 u. 2 wird der Einwirkungsbereich für die Anwendung der Bergschadensvermutung nach § 120 des Bundesberggesetzes beschrieben („10-Zentimeter-Linie“). Im Absatz 4 wird der Einwirkungsbereich beschrieben, in dessen Grenzen gelegene Belange und Rechtsgüter im Betriebsplanverfahren oder bei der Durchführung der Bergaufsicht zu berücksichtigen sind. Dieser Einwirkungsbereich wird durch den sogenannten Nullrand der Bodensenkungen begrenzt und in der Praxis unter Anwendung des Grenzwinkels ermittelt. Der bei den letzten Genehmigungsverfahren im Steinkohlenbergbau verwendete „erweiterte Betrachtungsraum“ findet keinen Niederschlag in der Neufassung der EinwirkungsBergV.

Bei genauer Betrachtung der EinwirkungsBergV zeigen sich Widersprüche hinsichtlich der Bestimmung des Einwirkungsbereiches für die Anwendung der Bergschadensvermutung. Die in § 2 Abs. 1 beschriebene „10-Zentimeter-Linie“ ist nämlich nicht unbedingt identisch mit dem durch den Einwirkungswinkel beschriebenen Bereich. Das Deckgebirge ist keinesfalls so homogen, dass mit Ansatz eines einzigen Winkels die „10-Zentimeter-Linie“ an der Tagesoberfläche beschrieben werden kann. Zu ähnlichen und durchaus vergleichbaren Ergebnisse kommen die inzwischen von der Bergbehörde in Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegebenen Gutachten zur Analyse von Senkungserscheinungen außerhalb der prognostizierten Einwirkungsbereiche. Fertiggestellt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht sind inzwischen vier Gutachten der TU Clausthal für die Bergwerke Prosper-Haniel, Auguste-Victoria, Ibbenbüren und West. In allen Gutachten wird zum Ausdruck gebracht, dass der unter Ansatz des Grenzwinkels definierte „Nullrand“ zum Teil recht deutlich vom gemessenen Nullrand abweichen kann. Diese Erkenntnis lässt sich sicherlich auf „Einwirkungswinkel“ und „10-Zentimeter-Linie“ übertragen. Gilt die Bergschadensvermutung auch in den Bereichen zwischen der „10-Zentimeter-Linie“ und der unter Ansatz des Einwirkungswinkels konstruierten Linie? Die durch Bergbau ausgelösten Bewegungen und Verformungen des Deckgebirges gehorchen Naturgesetzen. Diese lassen sich nur schlecht in Gesetze und Verordnungen einpassen, wie man hier wieder sehen kann.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass sich für die vom Bergbau betroffenen Hauseigentümer nicht viel geändert hat. Die erhoffte Ausweitung der Bergschadensvermutung auf Tagebaubetriebe ist ausgeblieben. Lediglich für die vom Bohrlochbergbau und von künstlich hergestellten Untergrundspeichern (Kavernen) betroffenen Eigentümer ist Rechtssicherheit geschaffen worden hinsichtlich der Haftung gemäß Bundesberggesetz und der Anwendung der Bergschadensvermutung. Dieser Aspekt dürfte sich allerdings auch erst positiv bemerkbar machen bei Bodensenkungen von 10 cm oder mehr.

28.08.2016
Johannes Schürken

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