Dachbegrünung? Das ist doch nur etwas für Naturfreunde, Umweltschützer oder Aussteiger. So mag der ein oder andere denken. In Zeiten von Dieselskandal, Feinstaubbelastung und Klimawandel sollten wir uns den ökologischen, technischen und wirtschaftlich machbaren Neuerungen nicht verschließen.
Ein Gründach hält Regenwasser zurück und sorgt durch kontinuierliches Verdunsten für eine Verbesserung des Mikroklimas. Staub wird gebunden, Luftschadstoffe werden gefiltert. Der Bewuchs dient als Wärmedämmung und Hitzeschild und kann über beheizten Räumen spürbar zur Energieeinsparung beitragen. Das Raumklima wird verbessert.
Durch Regenwasserrückhaltung, insbesondere nach starken Niederschlägen, werden die hauseigene und die kommunale Regenentwässerung entlastet. Diese Maßnahme dient dem Hochwasserschutz und kann in Abhängigkeit von der jeweils geltenden Abwassersatzung zur Reduzierung der Gebühren beitragen.
Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (Neonicotinoide) in der Landwirtschaft und der Wegfall von Grünflächen, z. B. in Vorgärten durch PKW-Stellplätze und Steingärten, haben zu einer deutlichen Verringerung des Insektenaufkommens beigetragen. Durch die Bepflanzung von Dächern können so neue Lebensräume für
„Biene Maja und Co.“ erschlossen werden. Hierzu eignen sich auch die Dächer von Nebengebäuden. Dies sind nur einige der Vorteile, die eine Dachbegrünung bieten kann.
Grundsätzlich wird zwischen extensiver und intensiver Begrünung unterschieden. Die extensive Dachbegrünung kann in einschichtiger oder mehrschichtiger Bauweise ausgeführt werden. Die Aufbauhöhe beträgt bis zu 15 cm. Die Bepflanzung ist naturnah und pflegeleicht. Mit einem geringen Gewicht von ca. 60 kg/m² bis 180 kg/ m² ist sie auch für Carports oder Gartenlauben geeignet. Nach Angabe des Bundesverbandes GebäudeGrün e.V. (BuGG, www.gebaeudegruen.de) betragen die Kosten etwa 20,00 €/m² bis 40,00 €/m²:
Die intensive Dachbegrünung lässt sich nur in mehrschichtiger Bauweise realisieren. Die Aufbauhöhe wird durch die Art und Größe der Bepflanzung bestimmt. So kommen Rasenflächen, Stauden, Gehölze und sogar Bäume in Betracht. Der Aufbau kann daher bis zu 1 Meter betragen. Dementsprechend sind Lasten von 320 kg/m² bis zu 1.200 kg/m² von der Dachkonstruktion aufzunehmen. Hier sollte ein Statiker zur Überprüfung der Tragfähigkeit in das Projekt eingebunden werden. Mit der Intensivbegrünung können Dachgärten und ganze Parkanlagen über Tiefgaragen oder Autobahntunnel, wie z. B. über der BAB A2 in Gelsenkirchen-Erle, realisiert werden. Die Herstellungskosten beginnen lt. BuGG ab 60 €/m². Nach oben sind keine grenzen gesetzt.
Bei allen Begrünungsmaßnahmen muss eine ausreichende Tragfähigkeit sowie eine funktionsfähige Dachabdichtung und ggf. eine geeignete Wärmedämmung vorhanden sein. Wurzelschutzbahnen und Schutzlagen aus Vliesen bzw. Gummigranulat-Matten schützen die Dachabdichtung vor dem Bewuchs. Bei mehrschichtigen Konstruktionen ist eine Drainage zur Speicherung bzw. Ableitung des Regenwassers erforderlich. Eine Substratschicht dient der Vegetation als Unterlage für das Wurzelwerk sowie zur Aufnahme von Wasser und Nährstoffen. Die Lebensdauer einer Dachbegrünung beträgt bei regelmäßiger Pflege und Wartung 40 bis 60 Jahre. Grundsätzlich ist ein Gründach auch bei geneigten Dächern möglich. Bei geneigten Dächern sind dann Schubsicherungen einzubauen, hier kann Sie der Fachunternehmer entsprechend beraten.
Sicher eignet sich nicht jede Dachfläche für eine Begrünung, andererseits könnte bereits in vielen Fällen mit geringem finanziellen Aufwand eine Dachbegrünung von Garagen, Carports, überdachten Freisitzen oder Nebengebäuden zur Aufwertung unserer Umgebung und Verbesserung der Luftqualität beitragen.
Dipl.-Ing. Martin Händel