… geboren wird nur eine lächerliche Maus“ (Parturient montes, nascetur ridiculus mus). So dichtete (etwas frei übersetzt) der römische Poet Horaz (65 – 8 vor Christus) in seinem Werk „Ars Poetica“.
Dieses Zitat ist passend beim Blick auf die Ergebnisse der Zusammenkunft des sog. Koalitionsausschusses, wo zwischen Wunsch und Wirklichkeit wie so oft eine große Lücke klafft.
Die führenden Köpfe der die aktuelle Bundesregierung bildenden Parteien haben am 27./28. März 2023 in einem rd. 30stündigen Verhandlungsmarathon Ziele ihrer Regierungstätigkeit definiert und auf knapp 16 DIN-A-4-Seiten niedergeschrieben. Zu einem großen Teil ging es dabei um das Thema „Energie“ in all seinen Facetten. Für Hauseigentümer - aber in der Folge natürlich auch für Mieter - sind die Ausführungen zum „Gebäudeenergiegesetz (GEG)“ besonders interessant. Diese umfassen auf Seite 16 von 16 rund eine halbe Seite!
Wegen des vergleichsweise geringen Umfangs hier der Text im Original:
„VI. Gebäudeenergiegesetz
Die Energiewende im Wärmebereich ist ein Schlüsselbereich für die Erreichung der klimapolitischen Ziele und für eine weitere Reduktion der Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen. Ein schnelles Umsteuern im Bereich der Gebäudewärme ist hierbei ein zentraler Baustein. Im Koalitionsausschuss am 24. März 2022 wurde deshalb beschlossen, gesetzlich festzuschreiben, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Der entsprechende Gesetzentwurf wird gegenwärtig im Ressortkreis überarbeitet. Er wird von der Bundesregierung im April im Kabinett auf den Weg gebracht, um das Gesetz vor der Sommerpause im Bundestag zu beschließen. Es wird darauf geachtet, dass ein technologieoffener Ansatz verfolgt wird und dass ausreichende Übergangszeiträume zur Verfügung stehen. Das Gesetz wird dabei pragmatisch ausgestaltet, unbillige Härten auch zum sozialen Ausgleich werden vermieden und sozialen Aspekten angemessen Rechnung getragen; auch für Mieterinnen und Mieter. Damit Bürgerinnen und Bürger nicht überfordert werden, wird zielorientiert geprüft, wie der ambitioniertere Austausch von Öl- und Gasheizungen aufgrund der Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gezielt und bürokratiearm aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziell gefördert werden kann. Niemand wird im Stich gelassen.“
Damit scheint die rigide Forderung, bereits ab dem nächsten Jahr Öl- und Gasheizungen zu verbieten, vom Tisch. Die Koalitionäre haben wohl erkannt, dass ein solch grundlegender und massiver Eingriff in den Gebäudebestand nicht durchzuhalten ist. Gleiches gilt gerade auch für Neubauvorhaben zur Nachverdichtung innerhalb bestehender Bebauung. Hier stehen städtebauliche Wünsche dem technisch Machbaren oft entgegen.
Wegen des Verweises auf das GEG erscheint es sinnvoll, die Kernpunkte dieses Gesetzes darzustellen.
Das Gebäudeenergiegesetz ist am 1. November 2020 in Kraft getreten, löste die bis dahin geltende Energieeinsparverordnung (EnEV), das Energieeinspargesetz (EnEG) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) ab und setzte die EU-Gebäuderichtlinie um.
Für Wohn-Neubauten ist in der aktuell geltenden Fassung des Gesetzes u. a. bestimmt, dass der Jahres-Primärenergiebedarf statt bisher 75 % nur noch 55 % eines Referenzgebäudes betragen darf. Zuvor durfte der Energiebedarf eines Neubaus nur zwischen 45 und 60 kWh/m² liegen. Elektrische Energie, die mit einer zum Gebäude gehörenden Photovoltaik-Anlage erzeugt wird, darf bei der Ermittlung des Jahres-Primärenergiebedarfs berücksichtigt werden. Mit der Änderung und dem Verweis auf ein in einer DIN-Norm definiertes Referenzgebäude soll das Ziel verfolgt werden, immer weniger Energie für den Betrieb von Gebäuden einsetzen zu müssen.
Für Bestands-Wohngebäude wird allgemein bestimmt, dass sie energetisch ertüchtigt werden müssen, um die vorgenannten Vergleichswerte zu erreichen.
Zu dem aktuell sehr kontrovers diskutierten Betrieb von Heizungsanlagen bestimmt das GEG in seiner noch gültigen Fassung, dass ab dem 1. Januar 2026 neue Heizungen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, nur noch dann installiert werden dürfen, wenn die benötigte Heizenergie zu bestimmten Anteilen, die im Gesetz für verschiedene Fälle näher beschrieben sind, aus regenerativen Quellen stammt. Ausnahmen werden nur zugelassen, wenn für das Gebäude keine Erdgas- oder Fernwärme-Infrastruktur vorhanden sind, die Nutzung regenerativer Energien nicht möglich ist oder zu einer nicht zumutbaren Härte führt. Dass insbesondere der letztgenannte Aspekt bereits im aktuellen Gesetz festgeschrieben ist, scheint allerdings in der aktuellen Diskussion bewusst oder unbewusst unterzugehen. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass Fernwärme immer als „sauber“ eingestuft wird, egal wie sie erzeugt wird!
In den anstehenden politischen Beratungen zur Neufassung des GEG dürfte der Spagat zwischen ökologisch Wünschenswertem und ökonomisch und technisch Machbarem für Kontroversen sorgen.
Bei im Bau befindlichen Gebäuden sorgen die aktuellen gesetzlichen Regelungen bereits jetzt für erhebliche Kostensteigerungen. Zusätzlich haben verschiedene externe Umstände den Neubau von Eigenheimen und Mietwohnungen ab 2022 verteuert mit der Folge, dass sich bereits große Akteure im Mietwohnungsmarkt von Neubauvorhaben verabschiedet haben. Und es ergeben sich bekanntermaßen auch sozialpolitische Folgen, wenn junge Familien kein Eigentum bilden können als eine der Säulen der Altersabsicherung.
Eine weitere Erhöhung der Herstellungskosten aufgrund ökologisch wünschenswerter Maßnahmen wird auch private Investoren davon abhalten, in den Mietwohnungsbau zu investieren.
Die mittlerweile im Übermaß gebrauchte Phrase vom „bezahlbaren Wohnraum“ – wobei tunlichst vermieden wird, den Begriff zu konkretisieren – wird uns in dieser Situation sicher noch lange erhalten bleiben. Umso mehr sind die politisch Verantwortlichen gefordert, im oben beschriebenen Spannungsfeld den Ausgleich zwischen Wünschenswertem und Machbarem zu finden. Damit nicht die Maus von Horaz die Oberhand gewinnt.
Achim Sprajc
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