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Die Online-Enzyklopädie Wikipedia berichtet über das sog. Weihnachtshochwasser 2023. Darin heißt es: „Etwa ab Weihnachten 2023 kam es infolge starker Regenfälle, die auf bereits gesättigte Böden trafen, teils zu großflächigen Überschwemmungen, die bis in den Januar 2024 anhielten.“ Aus heutiger Sicht kann auch der Februar 2024 zu dem Ereignis hinzugerechnet werden.

Teile der ehemaligen Abbaugebiete der RAG waren ebenfalls von den Niederschlägen betroffen. Die Sachverständigen des VBHG erhielten zahlreiche Meldungen von eindringendem klarem Wasser, welches über die Kellerwände, die Boden-/Wandfuge oder über Bodenrisse ins Gebäude strömte. Es handelte sich dabei nicht um Überflutungen durch über die Ufer getretene Gewässer oder durch undichte oder gebrochene Deichanlagen.

Um die physikalischen Zusammenhänge besser verstehen zu können, müssen zunächst einige Begriffe erklärt werden.

Bei der Bodenfeuchte handelt es sich um das Wasser, welches nach dem Versickern des von oben aufgebrachten Wassers (z. B. Regenwasser oder Bewässerung) im Boden verbleibt. Sickerwasser ist Wasser, das der Schwerkraft folgend die Bodenschichten durchläuft.

Wenn Sickerwasser auf eine weniger wasserdurchlässige Bodenschicht gelangt, spricht man von Schichtenwasser. Häufig versickert dieses Wasser, wenn durch nachlassende Niederschläge der Zustrom nachlässt bzw. endet.

Anstehendes Schichtenwasser übt einen hydraulischen Druck auf Wände und Bodenplatten aus. Hier spricht der Geologe/Hydrologe von Druckwasser.

Unterirdisches Wasser, welches die Hohlräume im wassergesättigten Bereich eines Gesteinskörpers (Boden) zusammenhängend ausfüllt, wird als Grundwasser bezeichnet. Bei steigendem Grundwasserpegel kann es ebenfalls zu einer Druckwasserbildung auf das Gebäude kommen.

Wie kommt es nun zu einem Wassereinbruch, wenn das Gebäude noch nie oder zumindest lange nicht mehr vernässt war? Durch anhaltende Regenfälle ist der wasserdurchlässige Boden unter und um das Gebäude mit Wasser gesättigt. Oberhalb von wenig wasserdurchlässigen Bodenschichten bildet sich temporär drückendes Schichtenwasser. Hier kommt es zum Teil zu Wasserfontänen im Bereich von Boden- und Wandrissen. Durch den hydraulischen Druck wird das Wasser in Hohlräume und ggf. Risse oder Kapillare gepresst, so dass es den Weg ins Gebäude findet und sich dann auf dem Kellerboden ausbreitet. Ggf. kann auch ein knapp unterhalb der Gründungsebene des Hauses liegender Grundwasserspiegel ansteigen, so dass das Gebäude quasi in das Grundwasser eintaucht.

Verfügen Wohngebäude nur über eine Abdichtung gegen Bodenfeuchte oder gegen nicht drückendes Schichtenwasser, kann Wasser eindringen da eine solche Abdichtung nicht druckwasserresistent ist.

Wenn vor Errichtung eines Gebäudes bekannt ist, dass der Baugrund (Lehm, Ton oder Schluff) eine schlechte Versickerungsfähigkeit aufweist, ist eine sog. weiße Wanne (wasserdichter Betonkeller) das Mittel der Wahl. Ggf. ist der Verzicht auf eine Unterkellerung die wirtschaftlich bessere Entscheidung.

Eine nachträgliche Abdichtung gegen drückendes Wasser ist sehr aufwändig und mit hohen Kosten verbunden, denn meistens sind nicht nur die Wände, sondern auch der Kellerboden gegen drückendes Wasser zu ertüchtigen. Hier bieten sich zur Ertüchtigung in erster Linie Injektionsverfahren auf Polyurethanharzbasis an.

Foto 02 Hauseingang 600x800

Solche Wetterereignisse treten nach wie vor selten auf, daher sollte hier eine Kosten-/Nutzenanalyse für eine nachträgliche Sanierungsmaßnahme durchgeführt werden.

Die im Folgenden aufgelisteten Maßnahmen können zwar bei einer wie oben beschriebenen Wetterlage den Schaden nicht verhindern, helfen aber ggf. bei weniger markanten Niederschlagsereignissen einen Wassereinbruch durch im Baugrubenbereich versickerndes Regenwasser zu minimieren:

- Geländeprofilierungen sollen Niederschlagswasser vom Gebäude wegführen und in einem unbedenklichen Abstand versickern lassen.
- Lichtschächte, Lichthöfe und außenliegende Kellertreppen abdecken und das Wasser möglichst weit vom Gebäude wegführen.
- Regenfallrohre auf Dichtheit überprüfen und ggf. das Regenwasser in eine Rigole ableiten.
- Grundleitungen auf Dichtheit überprüfen und Rückstausicherungen einbauen.
- Drainageleitungen regelmäßig überprüfen und für ausreichende Revisionsmöglichkeiten sorgen.

Bei einer Sättigung des Baugrundes mit Wasser sind Drainagen in der Regel nicht in der Lage, die Wassermassen abzuleiten, da sie im Druckwasserbereich liegen und somit voll befüllt sind. Behördliche Genehmigungen für neue Drainageleitungen scheitern heute oft an einer Einleitungsgenehmigung in natürliche Gewässer. Begründet wird dies mit der Vorgabe, dass Niederschlagswasser auf dem eigenen Grund und Boden versickern soll.

Die hier beschriebenen Prozesse spielen sich im Gründungsbereich von Gebäuden oder knapp darunter ab. Es ist von einer Tiefe von ca. 3 m bis 8 m auszugehen.
Im Gegensatz dazu handelt es sich bei Grubenwasser um Regenwasser bzw. Sickerwasser, welches in das Grubengebäude (Schächte, Strebe, Flöze etc.) eindringt und aus vielen 100 m Tiefe im Rahmen von Grubenwasserhaltungsmaßnahmen an die Tagesoberfläche gepumpt, dort behandelt und dann in Oberflächengewässer abgeleitet wird. Grubenwasser hat keinen Kontakt mit der Gründung eines Gebäudes und spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

Foto 03 Venedig

Von einer bergbaulichen Mitverursachung an der Vernässung kann in der Regel nur dann ausgegangen werden, wenn infolge Senkungen die hydraulischen Bedingungen im Siedlungsgebiet nachweislich dauerhaft verschlechtert wurden. Bei einem relativen Anstieg des Grundwassers wurden in der Vergangenheit Tiefbrunnen zur dauerhaften Grundwasserabsenkung, z. B. durch den Lippeverband, angelegt und betrieben.
Sprechen Sie Ihren zuständigen VBHG-Sachverständigen an, um Fragen zur Verursachung von Vernässungen zu klären.

Dipl.-Ing. Martin Händel

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